Erich Schaffner

spielt

"Der Herr Karl"

von

Carl Merz und Helmut Qualtinger



Im Magazin eines Gemischtwarenladens drängt der "Herr Karl" dem Publikum seine Erlebnisse auf. Seine Liebenswürdigkeit ist bösartig, kleinbürgerlich und selbstzufrieden, mit ordinärem Augenzwinkern berichtet er von Liebesabenteuern und von seinen politischen Ansichten. Der Herr Karl ist eine parasitäre Wetterfahnenfigur, ein menschlicher Zustand österreichischer Färbung und er ist die Selbstdarstellung eines menschlichen Dämons.

Als Helmut Qualtinger seinen „Herrn Karl“ 1961 in Wien zum ersten Mal spielte, brach ein Sturm der Entrüstung aus ob dieser schamlosen Lebensbeichte einer gescheiterten Existenz, eines kleinen Nazi-Mitläufers und ehemaligen Blockwarts. „Kaum ist endlich Gras über diese Sache gewachsen, kommt so ein Kamel daher und frisst es wieder ab!“ war der fachliche Kommentar eines prominenten österreichischen Politikers. Selbst der köstliche Humor dieser Satire konnte Herrn und Frau Österreicher bis heute nicht mit dieser Nestbeschmutzung versöhnen . . .



Plakat                    



Helmut Qualtinger ist einer der wenigen österreichischen Künstler, die heute einen international bekannten Namen haben. Er ist ein typischer Österreicher, denn er lebt in Deutschland, wo er sich auch nicht wohl fühlt ...

Er ist einer der besten Kabarettisten, die Österreich jemals hatte, und wurde berühmt, als er das Kabarett verließ – was ihm die Wiener bis heute nicht verziehen haben. Er ist ein Vollblutkomödiant und hat niemals Theaterspielen gelernt. Dafür studierte er einige Semester Medizin und ist privat Experte für Literaturgeschichte mit einem „Lexikonhirn“, in dem er ständig sämtliche Namen und Daten parat hat.

Im Idealfall ist er Autor und Interpret zugleich, seine Texte zielen immer auf etwas Bestimmtes. „Qualtingerisch“ ausgedrückt darauf, „den Leuten ein Hackl ins Kreuz zu hauen, damit sie aufwachen.“ Und sie wachten auf, wenn seine Kabarettnummern ins Schwarze des öffentlichen Lebens trafen und die lokalpolitische Prominenz zum Gelächter der Stadt machten.

1946 lernte er seinen Co-Autor Carl Merz kennen, beide sind verantwortlich für „den Herrn Karl“, ein Stück von aggressiver Potenz, “ein Hackl im Kreuz der Wiener.“

Die Figur des „Herrn Karl“ hat ein lebendes Vorbild, einen Wiener Delikatessen­händler. Ein mit Qualtinger befreundeter junger Schauspieler arbeitete bei diesem als Aushilfe. Der Freund erzählte die Lebensgeschichte, die er nach und nach von dem Händler zu hören bekam, auch Qualtinger. Dieser hörte aufmerksam zu und spielte dann die Szenen in eigener Diktion nach. So – zuerst gesprochen und dann gespielt – entstand dieser geniale Einakter.

"Wann aner si aufg'regt hat, den hab i nur ang'schaut.

Glei war er stüll. Des hab i vom Führer g'lernt.

I hab kane blauen Augen, aber des kann i aa.

Na, dann san eh scho bald de Russen kumma...

Also, i bin sehr guat mit eahna auskommen.

I hab ja g'wußt, wie ma mit eahna umgeht...

De Nachbarn san alle g'rennt mit ihre Hitlerbilder

und ham s' am Misthaufen g'schmissen...

I hab meins hängen lassen.

Dann hab i de Russen extra in mei' Wohnung g'führt -

kumm, Kamerad, dawai, Towarisch -

hab 's Hitlerbild packt, um d' Erd g'haut...

drauf umanandtrampelt...

Ham s' g'sagt »Karascho« und san gangen..."



Alfred Hrdlicka "Hommage á Helmut Qualtinger"



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