Erich Schaffner

    Zwei Jahre lang hat sich der hier beheimatete Schauspieler Erich Schaffner auf die Rolle des Herrn Karl vorbereitet. Brillant setzt er den Typus Mensch, der sich wie ein gnadenloses Chamäleon allen Lebenslagen anpasst, um. Schaffners "Herr Karl" nennt Hitler und Goethe in einem Atemzug, oder kommt als Helfershelfer der Nazis zu dem Schluss: "Ich war nur ein Opfer."

(Stadtanzeiger)


Reumannhof (Wiener Gemeindebau)


    Den Weg des geringsten Widerstandes auch im Privaten gehend, verließ er die letzte seiner drei Ehefrauen, als sie "leidend" wurde und ins Spital musste - mit den Frauen, sei er fertig, meinte er kurz.

Rückblickend, versicherte Herr Karl seinem Gesprächs­partner, sei er mit seinem Leben zufrieden so wie es gelaufen war und auch wie es zur Zeit laufen würde...

Ein verschwommenes Bild bleibt von der Person des Herrn Karl zurück, brillant gespielt von Erich Schaffner. Günter Hauf fing das Wesen Karls in einer Photographie ein, auf der die menschlichen Umrisse nur zu erahnen sind.

(Freitags-Anzeiger)


    In gedämpftem Licht und vor spärlicher Kulisse spielte Erich Schaffner den Herrn Karl intensiv und beeindruckend. Im Keller des Ladens ließ er eine Theaterfigur lebendig werden, die in Österreich Anfang der sechziger Jahre skandalträchtig war und deren Schilderungen eines opportunistischen Lebens von den zwanziger Jahren bis in die damalige Gegenwart doch beängstigend realistisch anmuten.

(Heimat-Zeitung)



    Erinnern Sie sich noch an Helmut Qualtinger, der den "Herrn Kaaarl" schuf? Sicher ist es schwierig, in dessen in jeder Hinsicht gewaltige Figur einzusteigen - Erich Schaffner gelang das am Samstagabend hervorragend. Ich meine fast, dass von der Figur her (Schaffner ist schlank) der "Herr Karl" irgendwie glaubwürdiger wirkte. Ihm nimmt man den Schla-Wiener ab, der sich durch alle Lebenslagen durch-schlawinert: Seine Liebschaften und Ehen, seine Tätigkeiten als Wirt, Kassierer im Sparverein (auch dort greift er in die Kasse), als Billeteur im Kino, Sammler fürs Winterhilfswerk - immer fällt genug für ihn ab. Jetzt, auf der Bühne (phantasievoll dekoriert) ist er Lagerhalter einer Getränkegroßhandlung, katzbuckelt vor der Chefin, sorgt aber dafür, dass er nie zu kurz kommt - und schwadroniert über vergangene Zeiten. Dabei lässt er die Geschichte der Zeit von 1927 (Brand des Justizpalastes in Wien) bis zum österreichischen Staatsvertrag 1955 mit den Besatzungsmächten vor unseren Augen Revue passieren. Weitgehend ist das auch unsere Geschichte, denken wir an das "Großdeutsche Reich" von 1939 - Herr Karl wird Blockwart und lässt den Juden Tennenbaum eine Anti-Nazi Schrift auf dem Trottoir wegputzen, die der natürlich nicht zu verantworten hatte. Dass Herr Karl vorher mal Sozialist war, dann für Geld erst für die schwarze Heimwehr, später ebenfalls für Geld für die Nazis demonstriert, mit den russischen Besatzern hervorragend auskommt, wie bald darauf mit den Amis, glaubt man "Herrn Karl" aufs Wort und vergisst dabei, dass Erich Schaffner als ein hervorragender Schauspieler auf der Bühne steht.

Das "K" brachte ein 1-Mann-Theater in bester Qualität, "Herr Karl"-Schaffner ließ uns nachdenklich nach Hause gehen.

(Eschborner Tagesspiegel)


Karl-Marx-Hof (Wiener Gemeindebau)



    Auch Österreich hat seine Arbeiterbewegung und diese eine bewegte Geschichte. Wer hätte das nicht gewusst. Aber auf genüssliche Weise bildhaft wird diese Tatsache erst bei Erich Schaffner und seinem "Herrn Karl".

Im Theatersaal der Stadt Dietzenbach konnten die Besucher, denen auch am Eröffnungsabend des diesjährigen Hessentages Kunst mehr bedeutete als Rummel, Ein-Mann-Theater vom Feinsten erleben...

Es ist den beiden Autoren Carl Merz und Helmut Qualtinger sowie der überzeugenden Verkörperung des österreichischen Kleinbürgers durch Schaffner zu verdanken, dass auch nicht eine Minute der zweistündigen Vorstellung langweilig wird. "Ich bin ja ein eher verschlossener Mensch, schaun'S, dass ich hier so mit Ihnen red, ich hätt's ja net notwendig, i kannt ja auch arbeiten..." sagt der Herr Karl nach immerhin einer guten Stunde. Erstaunlich, wie der Hesse Schaffner den Wiener Dialekt und die Mentalität dieses Spießers trifft, ohne selbst je in Wien gewesen zu sein. Stück für Stück entblättert er diesen armen Menschen vor einem glucksenden Publikum. Aber schmerzhaft ist dieses Lachen zu­ weilen: "Die Frau ist der gebende Teil, und der Mann der herrschende. Des hab i ihr aa klar g'macht bevur ma g'heirat ham..."

Dieses Stück aus den späten Fünfzigern ist leider kein bisschen veraltet: Die moderne Form dieser Bestie im Kleinbürgerformat begegnet einem auch heute auf Schritt und Tritt. Merz, Qualtinger und Schaffner schärfen den Blick dafür. Doch selbst wenn in einer menschlicheren Zukunft diese Gattung einmal ausgestorben sein sollte, dürfte das Stück seinen guten Platz unter dem Titel: "Unglaublich, aber historisch belegt!" in der Vitrine des Museums der Völker behalten.

Der gewichtige Qualtinger hatte sich den Herrn Karl auf den Leib geschrieben und damit Maßstäbe auch für die Darstellung gesetzt. Erstaunlich ist, dass Schaffners schlanke Figur der Sache keinen Abbruch tut. Schaffner erlaubt den Zuschauern einerseits die Einfühlung in dieses tragische Ekelpaket und tritt gleichzeitig kommentierend und kritisierend neben den Herrn, ohne jemals plakativ zu wirken. Die epische Darstellungsweise, hier lässt sie sich studieren und lustvoll obendrein.

(Unsere Zeit)



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